Titel: Und alle so still
Autorin: Mareike Fallwickl
Verlag: Rowohlt
Seitenzahl: 368
ISBN-10: 3498002988
ISBN-13: 978-3498002985
Preis: 23,00 Euro
Meine Meinung:
“Und alle so still” ist der aktuelle Roman der Autorin Mareike Fallwickl. Für mich war es das erste Buch der Autorin und ich habe mich richtig auf die Geschichte gefreut. Besonders gespannt war ich auf die Umsetzung der vielversprechenden Thematik, die mein Interesse direkt wecken konnte.
In dieser Geschichte geht es um die Protagonist*innen Elin, Nuri und Ruth. Elin ist Anfang zwanzig und Influencerin, Nuri neunzehn Jahre alt und arbeitet in verschiedenen Jobs, um sich über Wasser zu halten und Ruth arbeitet als Pflegefachkraft. Die Wege der drei Charaktere kreuzen sich an einem Sonntag im Juni, als es dazu kommt, dass Frauen plötzlich auf der Straße liegen, in stillem Protest.
Der Aufbau des Buches hat mir gut gefallen. Mareike Fallwickl ermöglicht abwechselnd einen Blick in die Leben und Charaktere von Elin, Nuri und Ruth, sowie ein paar interessanten Nebencharakteren. Neben diesen drei Erzählsträngen gibt es zudem einen aus Sicht einer Pistole, der Gebärmutter und der Berichterstattung, was ich zunächst als sehr skurill empfunden habe.
Die Geschichte braucht eine ganze Weile, um an Spannung zu gewinnen, was ich schade fand. Es gibt eine ganze Menge an verschiedenen, wichtigen Themen, die hier, meiner Meinung nach, eher als Mittel zur Dramaerzeugung dienten. Das fand ich enttäuschend. Das Hauptthema die Carearbeit und die Erschöpfung der Frauen rückt daneben in den Hintergrund, wirkt verwässert und die Masse an Inhalten wirkte auf mich zu geballt. Diese Themen, alleine schon rund um Nuri könnten leicht ein weiteres Buch füllen.
Die Handlung um den stillen, liegenden Protest nimmt erst ab dem zweiten Drittel etwas an Fahrt auf. Leider fehlten mir bei der gesamten Geschichte die Emotionen. Die Charaktere wurden gut dargestellt, aber ihre Empfindungen und Gedanken wirkten auf mich häufig belehrend, erläuternd und hatten eher Sachbuch als Romancharakter. Das war etwas anstrengend zu lesen, besonders weil ich mir von den Inhalten starke Emotionen erwartet hatte.
Die Buchidee und alle wichtigen Themen dahinter fand ich großartig, auch die Erschöpfung hätte so ein starkes Bild sein können, aber mit ihren Worten konnte mich Frau Fallwickl nicht so erreichen, wie ich es mir gewünscht hätte. Gestört haben mich vorallem die wenigen Emotionen, keine lösungsorientierte Richtung in der Geschichte, viel zu viele wichtige Themen und einige ermüdende Klischees.
Ich kann verstehen, dass die Autorin insbesondere Frauen den Raum zugestehen will, den sie zu oft vermissen müssen und ich finde allein schon, weil durch das Buch, zumindest zur Zeit, über die beschriebenen Themen, nun etwas mehr geredet wird ist es klasse, dass es erschienen ist. Dennoch muss ich sagen, dass ich mir eine Geschichte gewünscht hätte, die weniger extrem, in jegliche Richtungen ist. Es gibt hier keine Kompromisse, nur schwarz und weiß. Als Mensch, der aber eher die Grauschattierungen und die genaue Sicht auf einzelne Menschen, abgesehen vom Geschlecht, bevorzugt und Verallgemeinerungen gar nicht mag, war mir die Story in vielen Momenten zu wenig differenziert.
Mareike Fallwickl guckt auf das was oft übersehen wird, was ich liebe, aber sie bietet den Charakteren wenig Spielraum, was leider dazu führt, dass die so wunderschöne “Stille” von vielen Vorurteilen, Klischees und anderen Themen gestört wird. Sehr schade.
Meine Bewertung: 2,5 von 5
*RE